Legendäre Edelsteine:

Der Cullinan

Diamant
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Legendäre Edelsteine – die Kolumne von Silke Leicht

“Wenn man von berühmten Edelsteinen spricht, führt kein Weg am größten jemals entdeckten Rohdiamanten vorbei: dem Cullinan. Gefunden und benannt wurde er 1905 in der Cullinan-Mine in Südafrika und zwar eher zufällig bei einer Routine-Inspektion in nur 5 Metern Tiefe. Stolze 3.106 Carat = 621 Gramm brachte das Prachtstück im Rohzustand auf die Waage und man darf ihn sich optisch in etwa so vorstellen wie eine kleine weiße Specksteinlampe.

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Der Rohdiamant wurde vom Südafrikanischen Staat aufgekauft und als Zeichen des Goodwill an den britischen Souverän Edward VII verschenkt. Der Transport nach England erfolgte aus Sicherheitsgründen nach einem ausgeklügelten Plan: verschiedene Teams der Detektiv-Agentur Pinkerton machten sich auf unterschiedlichen Wegen mit gutgesicherten Paketen auf den Weg, in nur einem davon befand sich der Stein. Nach vielerlei Abenteuern und sogar Überfällen auf die Teams kam der Cullinan glücklich in England an: ganz unspektakulär in einem unmarkierten Paket der Britischen Post.

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So richtig schön und eines Königs würdig war der Stein allerdings noch nicht – Politur und Brillanz mussten hier. Beim führenden Edelsteinschneider der Zeit, der Firma J. Asscher in Amsterdam, studierten die Experten den Rohstein und seine Wuchslinien wochenlang, um die richtige Stelle für die Spaltung des Diamanten zu finden. Man erzählt, dass Joseph Asscher, der schließlich den entscheidenden Schlag auf das Spaltholz ausführte und den Stein in zwei Stücke teilte, anschließend prompt in Ohnmacht fiel. Das hätte auch ganz schön schiefgehen können und dann wäre vom Großen Cullinan nur ein großes Häufchen weißer Kohlestaub übrig geblieben…

In den nächsten acht Monaten arbeiteten drei Männer 14 Stunden am Tag, um 9 große Steine von hochfeinem Weiß aus dem ursprünglichen Diamanten zu schneiden und zu polieren. Der Rest wurde weiter aufgeteilt in kleinere Steine – schlussendlich wurde der große Rohstein in 105 Diamanten aufgeteilt. Er größte, Cullinan I, hat immerhin noch ein stattliches Gewicht von 530 Carat und schmückt als birnenförmiger Großer Stern von Afrika das Königszepter von Edward VII. Ihn und viele weitere der Diamanten kann man heute im Tower zu London in den Kronjuwelen bewundern. Auf einem Laufband werden die Touristen zur Vermeidung von Staus majestätisch an den Prachstücken in den Vitrinen entlang gefahren.

Nun stellt sich die Frage, ob man den Cullinan nicht lieber in seiner einzigartigen unpolierten Größe hätte belassen sollen, statt ihn in verhältnismäßig kleine und dafür glitzernde Diamanten aufzuteilen. Aber mal ganz ehrlich: würden Sie vor einem Museum Schlange stehen, um eine Specksteinlampe bewundern zu können? Ich ganz sicher nicht…

Ihre
Silke Leicht”