Kaiserin Sisi, ihre Sterne und ein Anker

Edelsteine zwischen Geschichte und Geschichten – die Kolumne von Silke Leicht

“Was ist in der deutschen Kultur so eng mit Weihnachten verbunden wie Christbaum und Lebkuchen, Glühwein und Gänsebraten? Mehr noch als Traumschiff und Drei Haselnüsse für Aschenbrödel? Ganz genau: SISI! Alle Jahre wieder dürfen wir in der Weihnachtszeit die rührende Geschichte der Elisabeth von Österreich-Ungarn alias Romy Schneider oder Sissi im Fernsehen mitverfolgen, Taschentuchalarm unterm Tannenzweig. Was für eine schöne Frau, welch traurige Geschichte, dazu der liebe Franzl und das hochherrschaftliche Schwieger-Monster – diese Story hat alles, was unser Herz berührt.

Die echte Geschichte abseits der verbrämen Filmfassung ist eher noch tragischer, aber über ihr leuchten die Sterne: die Diamantsterne, die Sisi in ihrem wallenden dunklen Haar trug, das ihr ganzer wohlgepflegter Stolz war. Wir können diese Schmuckstücke auch auf ihrem bekanntesten Porträt bewundern, heute im Sisi-Museum zu Wien: es wurde von schräg hinten gemalt, damit die Preziosen besonders gut in Szene gesetzt wurden. Sisi soll von einer Aufführung von Mozarts Zauberflöte und den sternenbesetzten Kostümen so begeistert gewesen sein, dass sie sich die Schmuckstücke eigens anfertigen und vom Ehemann schenken ließ.

Es entstanden zwei Sets dieser Diamantsterne, auch Edelweißsterne genannt. Ein Set besteht aus 10zackigen und nur mit Diamanten besetzten Sternbroschen. Das zweite Set wurde vom Wiener Juwelier Köchert gefertigt und beinhaltet 27 achtzackige und zusätzlich mit halbkugelförmigen Mabé-Perlen besetzte Sterne, die einzeln als Brosche ins Haar eingeflochten oder zusammengesetzt als Diadem getragen werden konnten. Selbstverständlich verfügte die österreichische Kaiserin darüber hinaus über eine ausgedehnte Sammlung an Schmuckstücken, Diademen und Parüren. Mit keinem dieser Stücke fühlte sie sich aber so verbunden und wurde sie so identifiziert wie mit den Sisi-Sternen.

Die Sterne und ihr Leuchten haben Sisi überlebt. Einige der Diamant-Sterne verschenkte sie an ihre Lieblings-Hofdame Marie Festetics, deren Familie sie bis heute in ihrem Privatmuseum aufbewahrt. Die 27 perlenbesetzten Sterne gingen an ihre Enkelin Elisabeth Marie, welche die geschichtsträchtigen Schmuckstücke wiederum 1963 der Republik Österreich vermachte, darüber hinaus wertvolle Gemälde, Porzellan und Schmuck in rauen Mengen: sie hatte sich im Laufe ihres bewegten Lebens zur Sozialdemokratie bekehrt. Und der Wiener Juwelier Köchert fertigt bis zum heutigen Tage Sisi-Sterne für die weltweite Fangemeinde der schönen Kaiserin an – „Küss die Hand Gnä‘ Frau…“
Sisi war bereits zu ihren Lebzeiten eine Stilikone und ihr Mythos lebt bis heute weiter. Sie liebte den Sport, das Reisen und das Meer. Die Kaiserin starb in Genf durch die Hand eines Anarchisten, der sie auf offener Straße mit einer spitzen Feile attackierte.

Bei der Obduktion entdeckte man auf ihrer linken Schulter einen tätowierten Anker –  Sisi hatte ihn sich in ihrer griechischen Wahlheimat Korfu in einer Hafentaverne stechen lassen. Wenn das der Franzl und seine gestrenge Frau Mama erfahren hätten, wie hätte das den österreichischen Hof skandalisiert! Ob dieses Symbol der Freiheit in Wirklichkeit Sisis wertvollstes Schmuckstück war?

Elisabeth Sisi von Österreich-Ungarn hatte an Heiligabend Geburtstag, daher wollen wir  ihrer und ihrer strahlenden Sterne an Weihnachten gedenken. Mit einem Taschentuch vor dem Fernsehgerät, wie jedes Jahr…”

Ihre
Silke Leicht