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Legendäre Edelsteine

Die Perlen der Kleopatra

Legendäre Edelsteine – die Kolumne von Silke Leicht

“Wir schreiben das Jahr 42 v. Christus. In der strahlenden Sonne des Mittelmeers steht der römische Imperator Marcus Antonius am Quai und beoabachtet das Anlegemanöver einer goldenen Luxus-Galeere. An Bord befindet sich niemand Geringeres als die ägyptische Pharaonin Kleopatra, gekommen auf der Suche nach mächtigen Verbündeten im Streit um den heimischen Thron. Nichts dem Zufall oder der Phantasie überlassend entsteigt die Königin dem Schiff mit kaum mehr als einer Krone, einer Perlkette und einem Hauch Parfum bekleidet – mit Erfolg: der Imperator ist sofort Feuer und Flamme für die ägyptischen Affären.

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Dabei hat die arme Kleopatra in ihrem jungen Leben schon so manches durchgemacht – wir fassen kurz zusammen: ihre Eltern früh verstorben, verheiratet mit beiden (!) jüngeren Brüdern, Geliebte des ermordeten Julius Caesar. Alles ohne Happy End. Jetzt ist sie auf der Suche nach einem neuen starken Mann an ihrer Seite. Was tut man als antike Pharaonin nicht alles für die Macht…der Liebe! In Marcus Antonius hat Kleopatra tatsächlich den passenden mächtigen Partner für den nächsten Lebensabschnitt gefunden. Das Paar lebt in Rom in unvorstellbarer Prachtenfaltung. Die römische Gesellschaft zerreisst sich das Maul über das unkonventionelle Leben der Patchwork-Familie ohne Trauschein und diese überaus selbstbewusste Frau, die genau weiß, was sie will und wie sie es bekommt.

Hier nun kommen die berühmten Perlen der Kleopatra ins Spiel.  Das Züchten von Perlen war in der Antike noch lange nicht erfunden, Perlen waren zufällige Glücksfunde und schöne große Exemplare unvorstellbar wertvoll. Tränen der Götter und Kinder des Lichts waren ehrfurchtsvolle Namen, die man den Naturschönheiten verlieh. Wir erinnern uns: sogar die Bibel erzählt vom reichen Kaufmann, der all sein Hab und Gut verkaufte, um eine einzige Perle zu erwerben. Kleopatra besaß der Überlieferung nach ein unfassbar kostbares Paar weißer Perlen, die sie als Ohrschmuck trug – bis zu dieser Wette zwischen Marc Anton und ihr: wer kann dem anderen beim gemeinsamen Festmahl die teuerste und dekadenteste Delikatesse auftischen?

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Marcus Antonius ließ sich nicht lumpen und ließ Nachtigallenzungen und Krabbenzahnfleisch aus der Mongolei auftragen (salzig, lt. Asterix). Er wähnte sich schon als Sieger und staunte daher nicht schlecht, als Kleopatra mit einem eher bescheidenen Gericht konterte: als zweiter Gang wurde eine simple Schale Essig serviert –  in dem die Gastgeberin dann zum Erschrecken aller ihre Perlen auflöste und als wertvolles Gebräu trank! Der Gegenwert unzähliger Galeeren und Paläste rann durch ihre Kehle, die kostbaren Perlen für immer verloren…aber die Wette spektakulär gewonnen. War es das wert?! Und warum bekam Antonius nichts ab von der Edel-Brause? Die Überlieferung schweigt hierzu.

Über Jahrhunderte wurde das Perlen-Experiment von vielen Hobby-Forschern nachgestellt und es ist erwiesen, dass Essig zum Auflösen der Perlen nicht ausreicht. Es muss schon hochprozentige Salzsäure sein – und nach deren Verzehr wäre das Festmahl für die kühne Pharaonin schnell zu Ende gewesen. Hat Kleopatra also geschummelt, den Essig getrunken  und die Perlen dann einfach verschwinden lassen oder gar am Stück verschluckt? Wir werden es nie erfahren. Aber im Krieg und in der Liebe ist ja bekanntlich alles erlaubt – wetten, dass…?”

Ihre
Silke Leicht